Malen nach Musik
wenn die Dinge
ihren Schatten schlucken
und das Licht
nicht mehr w?rmt?
Wei?t du die Bilder
danach?
Peter H?rtling
Malen nach Musik
Da? zwischen Malerei und Musik gewisse Beziehungen bestehen, zeigen allein so selbstverst?ndlich gebrauchte Ausdr?cke wie Klangfarben, Chromatik (griech.chroma=Farbe), Tonmalerei oder Farbton. Man sollte auch bedenken, da? es noch keine 200 Jahre er ist, seit man die Ästethik der verschiedenen K?nste aufspaltet wie das Licht in seine Spektralfarben. Auch das ist unserer Sprache noch anzumerken, wenn wir zwar allgemein von K?nstlern sprechen, aber von bildender, darstellender usw. Kunst. Schlie?lich geht das Wort Musik selbst auf eine Zeit zur?ck, da die griechische Sprache (mousiké) die verschiedenen Ausdrucksm?glichkeiten des Menschen (durch Bewegung und Laute) noch kaum differenzierte. Da? dies sehr viel ?ber die K?nste und ihre Funktion aussagt, liegt auf der Hand.
Bilder nach Musik l?sen nicht nur Fragen sprachlicher Natur (etwa betr. Funktion und Bedeutung des W?rtchens nach) aus. Aber auch sie erscheinen „in anderem Licht“, wenn man sich ihnen von dieser Seite her n?hert; Tonmalerei erscheint uns nicht nur in Musik, sondern auch in manchen Ausdr?cken v?llig selbst-verst?ndlich; wir nehmen auch als gegeben an, dass sich mit Musik etwas ausdr?cken l?sst und sie auf uns eine Wirkung aus?bt. F?r diskutierbar halten wir nur, ob und wieweit dieses „etwas“ inner- oder au?erhalb der Musik selbst liege, und auch dazu behauptet zuminderst eine Seite, dass sich mit Musik ganze Geschichten erz?hlen lie?en. Tats?chlich l?sst sich das Problem anhand einer „symbolischen Dichtung“ besonders gut vor Augen f?hren: Es gibt wohl kaum einen H?rer, bei dem Musik keine Empfindungen und Assoziationen ausl?st; dabei spielen mehr oder weniger konkrete Vorstellungen meist eine gro?e Rolle. In unserem Fall hatte der Komponist einen bestimmten dramatischen Ablauf (z.B. eine charakteristische Episode aus dem Leben eines gro?en Menschen, gleichg?ltig, ob schon vorher einmal literarisch gestaltet) „im Auge“ und „zeichnete“ diesen „in Musik“ nach. Wenn nur der H?rer dies auch nachvollziehen m?chte, mu? er dar?ber informiert sein oder versuchen, diese Bez?ge selbst aufzusp?ren; er kann aber auch vom „Programm“ vollst?ndig absehen, es vielleicht sogar ablehnen und die Musik nur als solche wirken lassen (u. zw. wiederum in s?mtlichen Abstufungen von allein gef?hlsm??iger Hingabe bis zum Nachvollzug ihrer musikalischen Strukturen). In jedem Fall wird sich ihm das Musikst?ck nur im zeitlichen Ablauf entfalten, erst nach Beendigung kann er es auch ganzheitlich „?berblicken“. Da? wir bei der Beschreibung solcher Vorg?nge unwillk?rlich Begriffe verwenden, die eigentlich einer anderen Sph?re anzugeh?ren scheinen, zeigt, wie nahe wir unserem Problem, ja dessen Aufhebung, sind: Hier l?sten bestimmte Kompositionen in der Malerin etwas (Entsprechendes, d. h. keineswegs nur Willk?rliches) aus und diese versuchte, „es“ wiederum auf ihre Weise festzuhalten. Dabei sind nicht nur die Mittel v?llig anderer Natur (Farbe statt T?ne), sondern auch der Zeitablauf spielt nun eine andere Rolle. Die gegens?tzliche Wirkungsweise von Musik und Malerei werden offenbar; die Vorg?nge und Inhalte aber bleiben aufeinander bezogen, w?hrend das pers?nliche Erleben ebenso von der Aktivit?t des Betrachters gepr?gt ist wie beim H?ren.
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Flotzinger